Erwartungen umschwirren uns überall. Es gibt Erwartungen, die wir an uns selbst stellen und Erwartungen an andere. Beide Haltungen wirken stressverstärkend, wenn sie überzogen sind und absolutistisch gehandhabt werden. Dann steigt der Druck.
Erwartungen an sich selbst: Oft sind sie sehr hoch und perfektionistisch also unerreichbar formuliert. Ein Beispiel: Kürzlich sah ich ein Interview mit einem Popstar, der längst viel mehr erreicht hat, als er sich selbst je vorstellen konnte. Zu seinem Erfolg befragt, sagte er: „Was ich erreiche, ist niemals genug, niemals.“ Was hindert ihn daran seinen Erfolg zu feiern?
Als Coach sehe ich, dass er sich mit sogenannten Antreibern infiziert hat, die bei ihm trotz des Erfolges nicht zu beruhigen sind. Sein Satz: „es ist nie genug!“ wirkt als einschränkende Kernüberzeugung. Die Erwartungen an sich selbst können nicht gestillt werden. Klingt nach einem anstrengenden und stressigen Alltag.
Erwartungen an andere: Wenn ich Erwartungen an andere habe, dann habe ich ein Ziel formuliert, das andere erfüllen müssen. Es handelt sich hierbei um eine Erwartungshaltung, von der ich mich ein wenig abhängig gemacht habe und anderen Macht über meine Gefühle gebe. Dabei ist es völlig egal, ob unsere Erwartungen inhaltlich gerechtfertigt sind oder nicht. Es geht um die Beziehungsebene, und auf der haben wir den anderen Macht über uns gegeben, da wir unser Glück an ein Zeil geknüpft haben, das nur die anderen erfüllen können (Bohne, Michael: Bitte klopfen, Heidelberg 2013).
Annehmen: Bei beiden Aspekten empfehle ich als Psychologische Beraterin, die Erwartungshaltungen zunächst freundlich anzunehmen, dass es nun mal so ist. Sich zu schätzen, auch wenn ich Fehler mache und Unzulänglichkeiten habe, das löst viel Druck auf. Meinen Klient:innen gebe ich dabei ein Bild. Sie stellen sich bedingungslose Freundlichkeit sich selbst gegenüber vor bis zum Himmel und weit darüber hinaus.
Neue Gedanken zum Thema Erwartungen: Die Arbeit mit stärkenden Affirmationen spielt bei vielen Therapie- und Coachingmethoden eine große Rolle und ist hoch wirksam, um sich auf neue Gedanken zu bringen. Es lohnt sich mit selbstwertstärkenden Sätzen zu arbeiten. Den Erfolg zu schätzen wissen, kann auch mit humorvollen Varianten bestärkt werden. Ein Beispiel: „Tatsächlich sickert es langsam auch bei mir durch, dass mir Erfolg und Souveränität gut stehen.“
Literaturhinweis: Bohne, Michael, Ebersberger, Sabine: Der Selbstwertgenerator. Heidelberg 2019. Bohne, Michael: Bitte klopfen, Heidelberg 2013
Der Moment zum Innehalten: Wenn Geist und Herz verschmelzen, entsteht Mut. (Hinnerk Polenski)