Mein besonderes Erlebnis 2016: ein Brief an Hellmut Hattler

Lieber Hellmut Hattler,

2016 war mein Jahr mit dir. Es gibt natürlich eine kleine Vorgeschichte. Vor über dreißig Jahren war ich auf euren Konzerten. Ich war damals Mitte 20, lebte in einer WG und tingelte gerne von Konzert zu Konzert. Eure Musik war gnadenlos guter, freier Jazzrock mit lustigen Musiktiteln. Nam, Nam, Nam, Sarahs Ritt durch den Schwarzwald, Holiday on Matterhorn, including Gipfelsturm. Was haben wir uns damals darüber amüsiert. Bekifft und unbekifft.

Und dann habe ich dich und Kraan vergessen. Das muss so Ende der 80er gewesen sein. Jahrelang noch nicht einmal ein Gedanke. Dieses Jahr im März bekam ich zum Geburtstag eine Eintrittskarte für Finky geschenkt, das kleine Woodstockfestival im idyllischen Odenwald, wo ich vor vielen Jahren regelmäßig Guru Guru erlebt hatte. Krautrock und Hippiszene, das haben wir in vollen Zügen genossen.

2016 standet ihr gar nicht auf dem Programm und dann die Mail meiner Schwester, Programmänderung Kraan kommt. Mein Kommentar, das ist ja noch besser. Am zweiten Tag war euer Auftritt. Ihr habt aufgespielt wie die jungen Götter, ich konnte es kaum aushalten. Musik, die mir direkt ins Herz geht und eine Seite in mir zum Schwingen bringt, die ich als junger Mensch gespürt habe und so lange nicht mehr. Ich musste mich ablenken und bin erst vom Festplatz zum Schwimmbadrestaurant gegangen, weil es gefühlsmäßig zu viel des Guten war. Sound, Rhythmus und Bass mit unbändiger Lebendigkeit und Power. Es hat mich so tief berührt, jeden Ton erlebte ich körperlich. Ein junges Gefühl von Glücklichsein breitete sich in mir aus. Freiheit, wie sie sich damals angefühlt hat.

Dann hielt mich nichts mehr, ging auf den Sportplatz. Nur noch tanzen, tanzen, tanzen. Was für eine Freude, dich Hellmut da rumhüpfen zu sehen, wie ein junger Bursche. Da habe selbst ich keine Angst mehr vor dem Älter werden.

Euer Musikstil war eigen und ein Stück Zeitgeist. Es war die Art, wie ihr improvisiert habt. Als ob ihr einander zuhört, während ihr spielt und euch Antworten über eure Instrumente gebt. Es gab immer wieder ein verbindendes Element, das das Zuhören zum Genuss werden ließ.

Wieder zurück schaue ich, wo du auf Tour bist. Im Herbst gibt es ein Konzert mit dir Hellmut und deiner Band in Dinslaken im Walzlager, das ist gerade mal acht Kilometer von uns entfernt. Ich halte es mal wieder nicht aus, so nah!

An diesem Abend machst du ganz dein eigenes Ding mit deiner Band. Unglaublich versierte Musiker, und eine grandiose Sängerin. Du bist wieder mit enormer Spielfreude an deinem Bass. Die Musik ist eine schöne Weiterentwicklung, warme Elektromusik. Das bewundere ich an einem Musiker, dass er weitergeht und nichts festhalten will. Danke Hellmut Hattler, dass du uns solche Musikerlebnisse schenkst.  Ach ja , ich habe dann eine CD direkt bei dir kaufen können. War so aufgeregt, wie eine Zwanzigjährige, die nichts sagen konnte. Beim nächsten Mal spreche ich dich an, versprochen!

 

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